"Reha in Rotenburg ist Augenwischerei"

"Reha in Rotenburg ist Augenwischerei"
Kreiskrankenhaus kritisiert Pläne des Klinikums - Sorge um Fachkräftemangel

Mit dem Vorstoß, in letzter Konsequenz selbst eine Kardiologie in Rotenburg etablieren zu wollen, wenn das Klinikum das Herz-Kreislauf-Zentrum (HKZ) tatsächlich nach Bad Hersfeld verlagert, hat die Geschäftsführung des Kreiskrankenhauses (KKH) in der Debatte um die Zukunft des HKZ ein neues Kapitel aufgeschlagen. 
„Es geht uns nicht darum, das HKZ übernehmen zu wollen“, sagt Dr. Martin Oechsner, medizinischer Geschäftsführer des KKH. Vielmehr verstehe sich das Kreiskrankenhaus als „guter Nachbar und enger Kooperationspartner“ des Herzzentrums. „Als solcher hätten wir erwartet, dass uns die Geschäftsführung des Klinikums in deren Pläne miteinbezieht und nachfragt, welche Ideen wir haben.“ Das sei bislang nicht geschehen. „Am Ende müssen wir auch sehen, wo wir bleiben“, begründet Oechsner seinen Vorstoß. Bislang hat das Kreiskrankenhaus keine kardiologische Abteilung, „und zwar bewusst, weil das HKZ ja eine hat“.
Oechsner, der auch Chefarzt der Chirurgie ist, betont, dass sich die Zusammenarbeit mit dem HKZ in den vergangenen Jahren „hervorragend“ entwickelt habe.
Von den Plänen der Klinikum-Geschäftsführung, dass lediglich die Reha in Rotenburg bleiben soll, hält Oechsner indes nichts. „Das ist Augenwischerei“, sagt er. „Mit einer Reha-Abteilung lässt sich heute kein Geld mehr verdienen. Das ist höchstens ein Schmankerl, das man den Menschen hinwirft, um sie zu beruhigen.“
Die Entscheidung des Landkreises, vor vier Jahren mit dem Bad Hersfelder Klinikum das HKZ zu übernehmen, sei richtig gewesen, stellt Oechsner klar: „Ein privater Träger hätte es auch nicht geschafft, eine schwarze Null zu schreiben.“ Bitter sei, „wie viele Millionen Euro Steuergeld seitdem dort versickert sind“. Im Nachhinein habe sich allerdings herausgestellt, dass seit der Übernahme auch Fehler gemacht worden seien.
Sorge bereitet Oechsner, dass die öffentlich geführten Diskussionen um den geplanten Radikalumbau dem gesamten Landkreis als Klinik-Standort schaden könnten. „Wer kommt denn jetzt, wenn alle Welt davon redet, dass das HKZ geschlossen werden soll, noch in unseren Landkreis?“, fragt Oechsner. „Alle, die bei den Planungen nicht mitspielen wollen, werden gehen – und kommen, so ehrlich muss man sein, höchstwahrscheinlich nie wieder.“ Mit Blick auf den ohnehin schon großen Fachkräftemangel wäre das dramatisch.
 

Kommentar von Sebastian Schaffner
Klinikum in der Krise, Miteinander statt übereinander
Viel ist in den vergangenen Tagen geredet worden über die geplante Umstrukturierung des kommunalen Klinikverbundes. Nachdem die Geschäftsführer des Klinikums Hersfeld-Rotenburg vergangene Woche ihre Karten auf den Tisch gelegt haben, mischen immer mehr Akteure mit im Poker um die Zukunft des kommunalen Klinikverbundes.
Freunde haben sich die Geschäftsführer des Klinikums, Rolf Weigel und Dr. Tobias Hermann, mit ihrer Ankündigung, das HKZ nach Bad Hersfeld verlagern zu wollen, ganz sicher nicht gemacht. Seitdem die Pläne öffentlich sind, hagelt  es von verschiedenen Seiten Kritik. Aufsichtsratsmitglieder, Politiker, Betriebsrat und nun auch die Vertreter des Kreiskrankenhauses eint, dass sie von den Plänen überrumpelt worden sind – und sich gewünscht hätten, vorab über die Absichten der Chefetage informiert zu werden. Das hat die Geschäftsleitung des Klinikums offenbar versäumt. Jetzt wird es langsam Zeit, dass sich die Verantwortlichen an einen Tisch setzen und nicht über-, sondern miteinander reden. Schließlich geht es hier um die Zukunft eines der größten und wichtigsten
Arbeitgeber der Region.
 

Quelle: HNA

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