Adipositas (Fettsucht) ist eine schwere Erkrankung – neue Selbsthilfegruppe für Betroffene
Von Gudrun Schankweiler-Ziermann Rotenburg. Eine Adipositas-Selbsthilfegruppe gibt es seit Dezember in Rotenburg: 17 Männer und Frauen besuchen die Gruppe für Übergewichtige, in der es allerdings nicht um Diäten, sondern um eine Lebensumstellung geht. Man trifft sich zum Erfahrungsaustausch, zu Fachvorträgen, Ernährungsberatung, Bewegung und, wenn gewünscht, auch zur Beratung bezüglich Adipositas-Operationen. Viele leiden unter den Pfunden, die sie körperlich und psychisch belasten. Und so dienen die Treffen unter dem Motto „Ich bin wie ich bin“ auch der Stärkung des Selbstvertrauens und Hilfe aus der Isolation. Im Trio leiten die beiden Krankenschwestern am Kreiskrankenhaus (KKH) Rotenburg, Christina Harthausen und Claudia Kirsch, zusammen mit der Physiotherapeutin Carola Holke die Gruppe. Deren Gründung geht zurück auf die Ankündigung des Chirurgen am Medizinischen Versorgungszentrum des KKH, Dr. Peter Holke, der in Rotenburg ein Adipositas-Zentrum aufbauen und auch Adipositas-Chirurgie anbieten möchte. Zahlreiche Anfragen Betroffener führten zur Gründung der Selbsthilfe, deren Ziel allerdings nicht die chirurgische Lösung des Problems ist. Diese ist nur eine Möglichkeit – vor allem bei krankhafter Fettsucht ab einem BMI von 35 und Nebenerkrankungen (Hintergrund). Christina Harthausen gehört nicht nur zum SH-Leitungsteam, sie ist auch selbst Betroffene. „Ich war nie schlank, gehörte immer zu den Moppeligen“, erzählt sie. Aber im Gegensatz zu vielen anderen habe sie nicht darunter gelitten. Als ihre Zwillinge kamen, legte sie nochmals an Gewicht zu, berichtet die 41-Jährige, die sich selbst als Stress-Esserin bezeichnet. Die Selbshilfe tue gut, jeder habe die gleichen Probleme, und „egal welchen Weg jeder geht, wir werden uns gegenseitig unterstützen“. Anders war es bei Claudia Kirsch, auch sie selbst Betroffene. Bei ihr fingen die Probleme mit den Pfunden erst mit den Schwangerschaften an. Medikamente, die sie nehmen muss, befördern die Gewichtszunahme, und dazu ist auch sie Stress-Esserin. Beiden ist gemeinsam, dass sie ihr Gewicht stört. Psychische Probleme haben sie nicht, aber damit sind sie eher eine Ausnahme unter den Betroffenen. Das Gefühl, oft schon von Kindheit an ausgegrenzt zu werden, macht vielen zu schaffen. Dabei ist die Fettsucht entgegen einer häufigen Ansicht nicht selbst verschuldet, sondern eine schwere Erkrankung. Sie zähle zu den Erkrankungen mit einem Suchtfaktor, erklärt Carola Holke. Großes Ziel der Selbsthilfe ist es, dass sich die Menschen wohlfühlen. Es geht also nicht um das Ideal- oder Wunschgewicht und die beste Diät, der meist der bekannte Jojo-Effekt folgt, sondern um • Bewegungstherapie • Ernährungstherapie und • Verhaltenstherapie, erklärt Carola Holke. Erst diese drei versprechen eine Regulierung des Gewichts. Denn die Folgen von Übergewicht sind vielfältig: Diabetes und Bluthochdruck, Gelenk-, Wirbelsäulen-, psychosomatische Erkrankungen bis hin zu Psychosen, Depressionen und Isolation gehören dazu. Quelle: HNA, März 2012
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