Arzt in Deutschlands Mitte

Von Gudrun Schankweiler-Ziermann
Rotenburg. Nach der Mitte hatten Claudia Weich und Armin Kottmann, zwei junge Ärzte, gesucht, als sie ihre Zukunft nach dem Examen planten. Die Deutschlandkarte zeigte Bad Hersfeld so etwa in der Mitte zwischen ihren Elternhäusern Celle bei Hannover und Winterbach bei Stuttgart. Die beiden wollen weder Augenärztin noch Chirurg werden: Sie gehören zu den wenigen Absolventen, die sich als Allgemeinmediziner niederlassen möchten. Seit Januar sind sie Assistenzärzte am Kreiskrankenhaus (KKH) in Rotenburg, wo sie ihre fünfjährige Facharztausbildung begonnen haben.
Menschen über Jahre hinweg ärztlich zu begleiten, das möchte Claudia Weich. Als Hausärztin erlebe sie die Vielschichtigkeit der Medizin und sehe den ganzen Menschen. Das sei den Einsatz wert, den man mit dem wirtschaftlichen Risiko und der Belastung einer eigenen Praxis eingehe. Für den künftigen Hausarzt Armin Kottmann wird sich ein Kindheitstraum erfüllen. Seine Mutter ist Arzthelferin und er selbst hat den Beruf als Berufung kennengelernt. Die enge Beziehung zu den Patienten ist etwas Besonderes, sagt er.
Mit dem Finger auf der Landkarte fing die Suche nach einem geeigneten Ort für das junge Mediziner-Paar an. Fündig wurden die beiden im Internet: Dort stießen sie auf die Seite der Hausarzt-Akademie, die Ärzte für Waldhessen interessieren will. Sie schrieben Anja Csenar an, Zukunftsbeauftragte beim Landkreis, der die Akademie vor vier Jahren angestoßen hatte. Kurz darauf bekamen sie einen Anruf von Karla Krause-Heid, Personalleiterin am KKH, und von Dr. Martin Ebel, dem Vorsitzenden der Hausarzt-Akademie.
Offen und herzlich
Ein Tag im KKH, ein Tag im Klinikum Bad Hersfeld und ein Treffen mit den Verantwortlichen der Hausarzt-Akademie verschaffte ihnen einen guten Eindruck. „Alle waren sehr offen und herzlich“, erzählen die beiden Ärzte, die sich inzwischen am KKH eingelebt haben. Hier schätzen sie die familiäre Atmosphäre, das gute Miteinander der Berufsgruppen. „Es war eine gute Wahl“, sagt Claudia Weich. Besonders loben sie das „Bauchzimmer“, wo Chirurgen und Internisten gemeinsam Patienten mit entsprechenden Problemen behandeln. Das Interdisziplinäre sei für sie optimal, das medizinische Spektrum passe genau, denn als Allgemeinärzte müssen sie breite Kenntnisse haben.
Nach der Inneren Medizin und der Chirurgie in Rotenburg geht es für die beiden nach Bad Hersfeld, wo sie unter anderem die Bereiche Kinder- und Frauenheilkunde, Neurologie und Psychiatrie abdecken werden. Dreieinhalb Jahre arbeiten sie in der Klinik, danach in einer Praxis.
Auch die Gegend haben sich Claudia Weich und Armin Kottmann schon angesehen, obwohl dafür nach den langen Arbeitstagen im Krankenhaus nicht viel Zeit bleibt. Die Offenheit der Menschen gefällt ihnen, die Landschaft, die Dörfer und zum Beispiel die Stiftsruine, wo sie „Nathan der Weise“ gesehen haben.
Von 280 Würzburger Medizinabsolventen kennen sie gerade mal zwei weitere, die Hausärzte werden wollen. „Wenn Medizinstudenten mehr Kontakt mit der Allgemeinmedizin hätten, würden viele sehen, wie toll das ist. Es war die richtige Entscheidung, hier in den Kreis Hersfeld-Rotenburg zu kommen“, sagen die beiden. „Wer Allgemeinmedizin machen will, für den ist es hier richtig gut.“

Quelle: HNA