Brauchen ein neues Finanzierungssystem

Andreas Maus ist neuer Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses

Montagsinterview von Sebastian Schaffner

Rotenburg – Als im Februar die Mitarbeiter des Kreiskrankenhauses Rotenburg darüber informiert wurden, dass Andreas Maus neuer Geschäftsführer wird, gab es spontan Applaus von der Belegschaft. Seit einem Monat ist der 50-Jährige, der 2017 schon einmal kommissarisch die Geschäfte übernommen hatte, alleiniger Geschäftsführer.
Herr Maus, der Stuhl in der Chefetage des Kreiskrankenhauses scheint ein Schleudersitz zu sein. In den vergangenen vier Jahren hat die Geschäftsführung fünfmal gewechselt. Haben Sie einen Jahresvertrag unterschrieben oder wollen Sie langfristig bleiben?
Meine Intention ist es, bis zum Renteneintritt für das Haus auf Klinikleitungsebene tätig zu sein. Meine Lebensplanung sieht so aus, dass ich mit 60 Jahren aus dem aktiven Berufsleben ausscheide.
Sie arbeiten seit 31 Jahren im Kreiskrankenhaus, kennen das Haus so gut wie kaum ein Anderer. Nachdem Sie sich als neuer Geschäftsführer eingearbeitet haben: Wie ist das Kreiskrankenhaus aktuell aufgestellt?
Wirtschaftlich geht es uns vergleichsweise gut. Wir erwarten für das vergangene Jahr ein ausgeglichenes Betriebsergebnis. Im Konzernergebnis, also einschließlich der Tochtergesellschaften, erwarten wir einen positiven Jahresabschluss. Für das laufende Jahr rechnen wir mit einer leichten Ergebnissteigerung.
Und personell?
Personell sind wir sehr gut aufgestellt. Im Bereich der Pflege setzen wir keine Honorarkräfte ein, wie das in vielen anderen Einrichtungen der Fall ist. Die Personalakquise stellt für die Zukunft jedoch sicherlich eine Herausforderung dar. Bislang gelingt uns dies aber recht gut.
Abgesehen vom Fachkräftemangel: Was ist für Sie die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung sehe ich in den sich ständig ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung. Leider ist ungewiss, welche Überraschungen noch auf uns zukommen – positive wie negative.
Was würden Sie sich wünschen?
Eine Abkehr vom vorhandenen Krankenhausfinanzierungssystem, dem DRG-System mit diagnosebezogenen Fallpauschalen.
Stattdessen?
Wir würden uns ein Vergütungssystem wünschen, in dem auch die Vorhaltekosten finanziert werden und das es uns ermöglicht, medizinische Schwerpunkte weiter auszubauen und darüber hinaus investieren zu können, um stets auf dem aktuellsten Stand der Medizintechnik zu sein.
Apropos ausbauen: Direkt nebenan befindet sich das Gelände des ehemaligen Kreisaltenzentrums, das zum Verkauf steht. Sind Sie interessiert?
Das Gebäude befindet sich in einem desolaten Zustand, sicherlich müsste es einem Neubau weichen. Unsererseits besteht aktuell kein Interesse, da eine solche Investition mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand verbunden wäre. Ohnehin geht es uns nicht darum, die Bettenkapazität zu erhöhen, sondern die Fallzahlen zu steigern.
Wie möchten Sie das erreichen?
Indem wir perspektivisch unter anderem unser operatives Spektrum erweitern, sowohl in den bereits etablierten als auch in möglichen weiteren Fachdisziplinen.
Gibt es schon konkrete Planungen?
Nein.
Die Bertelsmann-Stiftung hat mit einer Studie für Aufsehen gesorgt. Demnach könnte durch die Schließung von mehr als jedem zweiten Krankenhaus in Deutschland die Versorgung der Patienten erheblich verbessert werden. Wie sehen Sie das?
Das mag vielleicht punktuell für Ballungszentren zutreffen. Für unsere ländliche Region und im Hinblick auf den demografischen Wandel sowie auf die Zunahme chronischer Erkrankungen betrachte ich dies als kritisch. Ich bin kein Befürworter dieser Studie. Dort werden Vergleiche mit Dänemark gezogen, das neben vielen anderen Faktoren eine völlig andere Bevölkerungszahl und Infrastruktur aufweist. Grundsätzlich sollte man sich mit veröffentlichten Studien kritisch befassen, um sich ein qualifiziertes Urteil darüber bilden zu können.
Die schwarz-grüne Landesregierung spricht sich klar für Fusionen von Kliniken aus, treibt Zusammenschlüsse durch finanzielle Förderungen voran. Dass der wirtschaftliche Druck seit Jahren zunimmt, ist kein Geheimnis. Wie lange kann das Kreiskrankenhaus in diesem Wettbewerb noch eigenständig mitspielen?
Da bräuchten wir jetzt die berühmte Glaskugel, da dies doch sehr stark von den politischen Entwicklungen abhängt. Ich bin der Meinung, dass wir den Patienten weiterhin Wahlmöglichkeiten anbieten müssen. Wir brauchen auch perspektivisch Krankenhäuser mit verschiedenen Trägerschaften, um nicht zuletzt die Vielfalt an Behandlungs- und Pflegephilosophien zu erhalten, sodass im besten Fall jeder Patient bedürfnisorientiert und individuell versorgt werden kann. Welche Entwicklungen sich mittelfristig abzeichnen werden, kann niemand seriös sagen. Wir werden sie im Auge behalten und entsprechend handeln. Abgesehen davon kooperieren wir in diversen Bereichen bereits seit einigen Jahren mit verschiedenen Einrichtungen auf Augenhöhe, etwa mit dem Klinikum Eisenach und dem Klinikum Hersfeld-Rotenburg. Diese Option werden wir uns auch in Zukunft offenhalten.
Eine Fusion mit dem Klinikum Hersfeld-Rotenburg kommt für Sie aber nicht in Frage?
Unser Träger, der evangelische Diakonieverein Berlin-Zehlendorf, hat sich dazu klar positioniert. Es bleibt dabei: Wir sind gerne bereit, auf Augenhöhe zu kooperieren.

Quelle: HNA

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